Das geschenkte Gesicht by Heinz G. Konsalik
Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-28T04:00:00+00:00
Major Braddock saß in seinem Sessel und hatte die Beine bequem auf den Tisch gelegt. Er rauchte und trank seinen geliebten Whisky. Vor ihm hockte auf einem Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet, das staubige Kopftuch noch um die Haare geschlungen, Ursula Schwabe und sah an Braddock vorbei auf ein Hitlerbild, das noch immer an der Wand des zu einem Büro umgestalteten Schulraums hing. Amerikanische Soldaten hatten unter Hitlers Kinn einen Vollbart gemalt und eine Brille um seine starr blickenden Augen gezeichnet. Jetzt war er lächerlich.
Vor Ursula stand ein Glas mit Whisky und eine aufgerissene Packung Zigaretten. Sogar eine Tafel Schokolade hatte Braddock hingelegt und eine Schachtel Butterkekse. Ursula hatte nichts angerührt. Die Angst engte ihr den Magen ein und legte eine eiserne Klammer um ihre Kehle.
»Haben Sie schon ein Zimmer?« fragte James Braddock. Über die Schuhspitzen warf er einen Blick auf die schmale, blonde Frau. Ursula schüttelte den Kopf.
»Nein, ich bin doch eben erst gekommen. Ich weiß überhaupt nicht …«
»Natürlich.« Major Braddock zerdrückte seine süßlich duftende Zigarette. »Es wird auch schwer sein, etwas zu finden. In den Hotels wohnen meine Offiziere. Ich kann sie schlecht wegen eines deutschen POW hinauswerfen. Aber wir werden schon etwas frei machen. Ich schicke zwei von meinen Jungs los, die sollen ein Privatzimmer suchen.« James Braddock nahm die Füße vom Tisch und dachte an etwas Bestimmtes. Es war ihm plötzlich eingefallen, und sein Gesicht wurde von einem väterlichen Lächeln überstrahlt. »Natürlich, das ist es. Wir fahren zusammen hin.« Seine Hand winkte flink durch die Luft. »Alles o.k., Mrs. Schwabe, wir haben ein Zimmer!«
»Sie erlauben mir also, daß ich meinen Mann sehe?« fragte Ursula schüchtern. »Darf ich ihn auch sprechen? Nur ein paar Worte? Ich will ihm nur die Grüße von seiner Mutter bestellen. Und – und sagen will ich ihm, daß ich ihn liebe. Darf ich das, Herr Major?«
»Warten Sie ab«, antwortete Braddock und grinste freudig. »Es wird sich alles finden. Sie haben Ihren Mann noch nicht gesehen, seit …« Wie sagt man das nur, dachte er. Es soll nicht so rauh klingen. Ursula senkte den Kopf.
»Ich weiß, wie er aussieht. Mutter hat es mir erzählt. Es ist mir egal. Ich will nur bei ihm sein. Ich – ich habe Angst in Köln.«
James Braddock sah zur Seite aus dem Fenster. Der Jeep mit den beiden MP-Männern und dem in sich zusammengesunkenen Erich Schwabe raste auf den Schulhof und bremste quietschend. Einer der Militärpolizisten stieß Schwabe gegen die Schulter.
»Go on, boy!«
Mit steifen Beinen kletterte Schwabe aus dem Jeep. Seine Arme hingen schlaff an seinem Körper herunter. Sein verbundener, verpflasterter Kopf bewegte sich hin und her, der Blick glitt über das Schulgebäude, über das wehende Sternenbanner, über die in Reihe aufgefahrenen grünen Wagen, über die Schulturnhalle, die jetzt zur Messe umgestaltet war und aus der ein herrlicher Duft von gebratenen Hühnern wehte.
Das POW auf seinem Rücken leuchtete grell. Er nahm das alte Militärschiffchen vom Kopf, und seine blonden Haare fielen über den Verband und wehten im Wind über die sorgfältig mit Mull geschützte neue Nase.
Major Braddock setzte seine Mütze auf und erhob sich.
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